Wohnungsvermietung berechtigt nicht zur Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung für den Besitz eines Eigenheims
Am 29. Juli 2016 verabschiedete der Direktor der Steuerkammer in Katowice eine weitere negative Auslegung zur steuerlichen Vergünstigung für den Besitz eines Eigenheims (Zeichen: IBPB-2-2/4511-532/16/JG). Die Finanzverwaltung verweigerte einem Steuerpflichtigen den Anspruch auf die steuerliche Vergünstigung für den Besitz eines Eigenheim für den Fall, dass der Steuerpflichtige die betreffende Wohnung zunächst zu vermieten und erst in der Zukunft selbst in selbiger zu wohnen plant.
Die Der Fall betraf einen Steuerpflichtigen, der einen Eigentumsanteil an einer Immobilie erbte und diesen vor Ablauf von 5 Jahren verkaufte. Es wurde ein Vorkaufvertrag abgeschlossen, infolgedessen der Steuerpflichtige eine Anzahlung erhielt. Für die erhaltenen Geldmittel erwarb er einen Anteil an einer anderen Immobilie (der Erwerb der neuen Wohnung erfolgte vor dem Abschluss des zugesagten Kaufvertrages für die geerbte Immobilie). Nach Erhalt des Restbetrages für den Verkauf erwarb der Steuerpflichtige eine weitere Immobilie. Beide Immobilien waren Bestandteile seines persönlichen Vermögens. Der Steuerpflichtige gab an, in diesen Immobilien in Zukunft selbst zu wohnen bzw. sie seinen Kindern zu Wohnzwecken zur Verfügung stellen zu wollen. Bis dahin schloss er jedoch nicht aus, die Wohnungen zu vermieten.
Der Steuerpflichtige erwog, ob er zur Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung für den Besitz eines Eigenheims berechtigt ist, wenn er mehr als eine Wohnung erworben hat, und fragte, ob die Wohnungen temporär vermietet werden dürfen. Er fragte zudem, ob ihn die Finanzierung der Wohnung mit Mitteln aus der Anzahlung zur Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung berechtigt, wenn der Kaufvertrag für die geerbte Wohnung nach dem Erwerb der neuen Wohnung und nach der Zahlung unterzeichnet wurde.
Befriedigung der Wohnbedürfnisse
Die Finanzbehörde vertrat die Auffassung, dass der Gesetzgeber in der Befreiungsregelung den Verwendungszweck der Mittel aus der Veräußerung der Immobilie nicht auf einen konkreten Zweck gemäß Art. 21 Absatz 25 des Einkommensteuergesetzes vom 26. Juli 1991 (poln. Gesetzblatt 2012, Pos. 361 mit Änderungen: im Folgenden „EStG-PL“) beschränkt hat. Deswegen muss sich der Steuerpflichtige um das Recht auf die steuerliche Vergünstigung für den Besitz eines Eigenheim zu erlangen nicht auf Kauf nur einer Wohnung beschränken. Die Voraussetzung ist jedoch, dass alle erworbenen Wohnungen der Befriedigung seiner eigenen Wohnbedürfnisse dienen. Der Steuerpflichtige kann also die Einnahmen aus dem Verkauf der Immobilie für den Erwerb von mehr als einer Wohnung verwenden, vorausgesetzt, dass er tatsächlich in diesen Wohnungen wohnen wird.
Die Finanzbehörde brachte vor, dass Wohnungen, die der Steuerpflichtige selbst nicht bewohnt, d.h. die nicht für Wohnzwecke bzw. für andere Zwecke als die Befriedigung der eigenen Wohnbedürfnisse genutzt werden, nicht zur Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung berechtigen. Das geplante künftige Wohnen in den erworbenen Immobilien stellt keine Erfüllung des Wohnzweckes dar. Die Bedingung der Befriedigung der eigenen Wohnungsbedürfnisse ist bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie zu erfüllen. Die Realisierung des Wohnzweckes stellt die Sicherstellung des sog. Obdachs dar. Dabei genügt es nicht, dass der Steuerpflichtige der Eigentümer der Wohnung ist. Der Erwerb der Immobilie und das anschließende Vermieten derselben berechtigen nicht zur Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung.
Diese Auffassung der Behörden wird auch durch die Urteile der Verwaltungsgerichte bestätigt. Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Łódz erkannte in seinem Urteil vom 15. März 2016, AZ I SA/Łd 1356/15 an, dass die Rechtfertigung des Anspruchs auf die Steuervergünstigung durch die Absicht des Erwerbs der Immobilie für eigene Wohnbedürfnisse zum Missbrauch der Inanspruchnahme von steuerlichen Vergünstigungen führen kann. Die Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung für den Besitz eines Eigenheims soll die Wohnbedürfnisse des Steuerpflichtigen befriedigen; deswegen erfüllen der Erwerb der Wohnung und das anschließende Vermieten derselben den in der Vorschrift bestimmten Zweck nicht. Auch im Urteil vom 20. Oktober 2014 (AZ I SA/Łd 908/14) erkannte das Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Łódz für Recht an, dass der Erwerb einer Wohnung mit der Absicht, diese zu bewohnen, dann nicht zur Inanspruchnahme der Vergünstigung berechtigt, wenn diese anschließend vermietet wird.
Es ist zu betonen, dass die Auffassung sowohl der Finanzverwaltung (in der Vergangenheit) als auch der Verwaltungsgerichte diesbezüglich nicht einheitlich ist. So erkannte z.B. das Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Bydgoszcz in seinem Urteil vom 20. Oktober 2015, AZ I SA/Bd 791/1 an, dass eine zeitweilige Vermietung einer zwecks Befriedigung der eigenen Wohnbedürfnisse erworbenen Wohnung nicht bedeutet, dass die mit der Rückzahlung des Kredits verbundenen Ausgaben nicht für eigene Wohnzwecke getragen wurden.
Erwerb der Wohnung mit Mitteln aus der Anzahlung
Die Finanzbehörde stellte in ihrer Auslegung fest, dass der Erwerb einer Wohnung mit aus dem abgeschlossenen Vorkaufvertrag stammenden Mitteln keine Grundlage für die Inanspruchnahme der Befreiung bilden kann. Dieser Auffassung zufolge kann die Befreiung nur Einnahmen betreffen, die ab dem Tag der entgeltlichen Veräußerung ausgegeben werden. Dies bedeutet, dass bei der Berechnung des steuerbefreiten Einkommens nur die frühestens am Tage der entgeltlichen Veräußerung der Immobilie getragenen Ausgaben berücksichtigt werden können. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 21 Absatz 1 Ziffer 131 EStG-PL und der Formulierung „beginnend ab“, die festlegt, ab wann bestimmte Handlungen vorgenommen werden können. Für die Befreiung ist es wesentlich, dass die Einnahmen nicht früher als ab dem Tag der entgeltlichen Veräußerung ausgegeben werden.
Im Urteil vom 19. Januar 2016 vertrat das Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Gdańsk (AZ I SA/Gd 1629/15) eine gegensätzliche Auffassung. Wesentlich für die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Vergünstigung ist der Zweck, d.h. der Erwerb der Wohnung. Nach der Auffassung des Gerichts kann nicht geschlussfolgert werden, dass der Erwerb der neuen Wohnung nicht früher als die Entstehung des Einkommens aus dem Verkauf der Immobilie erfolgen darf. Das Gericht argumentierte weiter, dass der Abschluss des Vorvertrages und der Erhalt der Anzahlung durch den Erwerber und anschließend der Abschluss dieses Prozesses durch die Unterzeichnung des Kaufvertrags eine Reihe von Maßnahmen darstellen, die gemeinsam den Prozess der entgeltlichen Veräußerung bilden. Es wurde betont, dass der Tag des Abschlusses des Vorvertrages den ersten Tag des Verkaufsvorgangs der Immobilie darstellt. Als „Tag der Veräußerung“ gemäß Art. 21 Absatz 1 Ziffer 131 EStG-PL kann sowohl der erste als auch der letzte Tag dieses Prozesses betrachtet werden.
Abweichend dazu entschied das Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Opole im Urteil vom 7. Mai 2014 AZ I SA/Op 264/14. Das Gericht brachte vor, dass die Berücksichtigung der Anzahlung zu einem Missbrauch führen könnte, weil eine eventuelle spätere Auflösung des Vertrages die unberechtigte Inanspruchnahme der Vergünstigung zur Folge haben würde.
Die Vorschriften über steuerliche Vergünstigungen für den Besitz eines Eigenheims rufen sehr häufig Meinungsverschiedenheiten hervor. Sie sind nicht präzise genug, was zu Auslegungsschwierigkeiten führt. Deswegen gibt es sowohl in der Rechtsprechung als auch in den Auslegungen gegensätzliche Auffassungen.
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