Eine Finanzbehörde hat fuer die Anwendung eines Sanktionssteuersatzes von 50% auf das hinzugerechnete Einkommen zwischen den verbundenen Unternehmen nur 3 Jahre ab Ende des Kalenderjahres, in welchem die Steuerpflicht entstanden ist. Danach, aber bis zum Ablauf von 5 Jahren ab Ende des Kalenderjahres, in welchem die Steuerzahlungsfrist abgelaufen ist, kann sie nur einen Regelsteuersatz von 19% anwenden. Solche Schlussfolgerungen ergeben sich aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (NSA) vom 13. Oktober 2016, Az. II FSK 2288/14. 

 

SACHVERHALT

Der Rechtsstreit betraf eine polnische Gesellschaft (im Weiteren: Gesellschaft), welche die Dienstleistungen an ihren auslaendischen Geschaeftspartner aus den Niederlanden erbrachte. Infolge der durchgefuehrten Pruefung der Aufsichtsbehörde fuer öffentliche Finanzen erwies sich, dass die Gesellschaften verbundene Unternehmen sind. Nach Auffassung der Aufsichtsbehörde fuer öffentliche Finanzen wurden aufgrund dieser Verflechtungen die Bedingungen aufgezwungen, die von den Bedingungen abwichen, welche unabhaengige Dritte miteinander vereinbart haetten, wodurch die Gesellschaft ein herabgesetztes zu besteuerndes Einkommen ausgewiesen hat. Aufgrund der Vorlage einer – nach Meinung der Aufsichtsbehörde fuer öffentliche Finanzen – unzuverlaessigen Verrechnungspreisdokumentation wurde das Einkommen der Gesellschaft durch diese Behörde aufgrund der transaktionsbezogenen Nettomargen hinzugerechnet und ein Bescheid erlassen, wo eine Steuerschuld unter Anwendung eines Steuersatzes von 19% gemaeß Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes ueber die Körperschaftsteuer (im Weiteren: KStG-PL) festgestellt wurde. Die Gesellschaft teilte jedoch diesen Standpunkt nicht und warf der Behörde den Erlass des Hinzurechnungsbescheids nach Ablauf der dreijaehrigen, im Art. 68 §1 Abgabenordnung (AO) genannten Verjaehrungsfrist vor.

STANDPUNKT DER VERWALTUNGSGERICHTE

Die Auffassung der klagenden Gesellschaft fand weder Zustimmung des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts (WSA) Gorzów Wielkopolski, noch anschließend des Oberverwaltungsgerichts (NSA). Zuerst machten die Gerichte der beiden Rechtszuege darauf aufmerksam, dass die Steuer, die ipso jure entsteht und aufgrund eines Steuersatzes von 19% gemaeß Art. 19 Abs. 1 KStG-PL berechnet wird, von einer Sanktionssteuer von 50% zu unterscheiden ist, die im Art. 19 Abs. 4 KStG-PL vorgesehen wird. Diese Unterscheidung hat naemlich eine schluesselhafte Bedeutung fuer die Bestimmung der Verjaehrungsfrist aufgrund der Vorschriften der Abgabenordnung.

Darueber hinaus ist die Ermittlung der Höhe der Sanktionssteuer erst nach der Durchfuehrung durch die Finanzbehörden saemtlicher fuer die Anwendung des Art. 19 Abs. 4 KStG-PL unentbehrlichen Feststellungen möglich, was nur aufgrund eines Steuerverfahrens erfolgen kann. Im Ergebnis gilt der aufgrund des Steuerverfahrens erlassende Bescheid, wo die Höhe der Steuerschuld festgestellt wird, als eine rechtsbegruendende Entscheidung gemaeß Art. 21 §1 Nr. 2 AO. Gemaeß dieser Vorschrift entsteht die Steuerschuld mit dem Tag der Zustellung des Bescheids einer Finanzbehörde, in welchem die Höhe dieser Schuld ermittelt wird. Deshalb ist die Verjaehrungsfrist fuer die sog. Sanktionssteuerschuld anders als fuer die Schulden, die ipso iure aufgrund eines Ereignisses entstanden sind, mit welchem die Entstehung solch einer Schuld laut AO in Zusammenhang steht (Art. 21 §1 Nr. 1 AO) und die ein Steuerpflichtiger alleine aufgrund der Selbstberechnung der Steuer abzurechnen hat. Gemaeß Art. 68 §1 AO entsteht die im Art. 21 §1 Nr. 2 AO genannte Steuerschuld nicht, falls der Bescheid, in dem die Höhe dieser Schuld ermittelt wurde, nach Ablauf von 3 Jahren ab Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuerpflicht entstanden ist, zugestellt wurde. Es ist jedoch zu bemerken, dass in diesem Rechtsstreit die Behörden in beiden Instanzen nicht Art. 19 Abs. 4 KStG-PL, sondern Art. 19 Abs. 1 KStG-PL, d.h. 19% Steuersatz angewendet haben.

Wie durch das NSA betont wurde, hat das Gericht des ersten Rechtszuges zu Recht angenommen, dass in dem geprueften Rechtsstreit der Art. 19 Abs. 4 KStG-PL aufgrund des Ablaufs der Verjaehrungsfrist nicht angewendet werden konnte. Demzufolge bestimmte die Finanzbehörde die Steuerschuld der Gesellschaft auch zu Recht nach allgemeinen Grundsaetzen, d.h. aufgrund des Art. 19 Abs. 1 KStG-PL. In solch einer Situation ist eine im Art. 70 §1 AO vorgesehene Verjaehrungsfrist von 5 Jahren ab Ende des Kalenderjahres, in welchem die Steuerzahlungsfrist abgelaufen ist, anzuwenden. Nach Auffassung des Revisionsgerichts schließt jedoch die aufgrund der Verjaehrung fehlende Möglichkeit fuer den Erlass des Bescheids aufgrund des Art. 19 Abs. 4 KStG-PL die Bestimmung der Körperschaftsteuerschuld nach dem Regelsteuersatz nicht aus. Somit ist der Vorwurf der klagenden Gesellschaft bezueglich der Verjaehrung nach Meinung der beiden Gerichte unbegruendet.

Solch eine Meinung wurde auch in dem Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts (WSA) Wrocław vom 27. Mai 2010, Az. I SA/Wr 283/10, geaeußert.

Darueber hinaus bezog sich das NSA in dem analysierten Urteil auf die Pflicht zur laufenden Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation, indem es behauptete, dass eine nicht fristgerecht, d.h. erst im Laufe und fuer Zwecke der durchgefuehrten Pruefung der Aufsichtsbehörde fuer öffentliche Finanzen erstellte Dokumentation als unzuverlaessig betrachtet wird. Dieses Urteil gilt also als die Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechungslinie, gemaeß welcher ein Steuerpflichtiger die Verrechnungspreisdokumentation laufend vervollstaendigen soll, d.h. wenn die Voraussetzungen eintreten, die ihn zu ihrer Erstellung verpflichten (Urteil des NSA vom 13. Januar 2010, Az. II FSK 1739/08; Urteil des WSA Bydgoszcz vom 20. November 2013, Az. I SA/Bd 808/13; Urteil des WSA Gdańsk vom 19. Juni 2013, Az. I SA/Gd 529/13). Es ist ein starkes Signal fuer Steuerpflichtige, die solch eine Dokumentation zumindest fuer das Jahr 2016 möglichst schnell erstellen sollen.

 

Sollten Sie Fragen dazu haben oder möchten Sie dieses Thema naeher besprechen, dann steht Ihnen unser Experte Przemysław POWIERZA jederzeit gerne zur Verfuegung.

E-Mail: [email protected]

Tel. +48 61 8515 766

Fax +48 61 8515 786