Problem der Doppelbesteuerung der im Rahmen von Motivationsprogrammen erhaltenen Finanzinstrumente

 

Zum 13. April 2016 wurde das umstrittene Urteil Az. FSK 668/14 erlassen, in dem das Oberverwaltungsgericht (NSA) entschied, dass die Ausuebung der von dem Arbeitgeber im Rahmen eines Motivationsprogramms erhaltenen Aktienoptionen und Restricted Shared Units die Entstehung der Einnahmen bei dem Mitarbeiter verursacht. Falls der jeweilige Mitarbeiter die Aktien verkauft, erzielt er die Einnahmen wieder, aber sie können von ihm um keine Kosten gemindert werden, die den Einnahmen aus dem Tausch der Optionen gegen Aktien gleich sind. In diesem Tax Alert möchten wir Ihnen das kommentierte Urteil naeher bringen, das in Praxis zur Doppelbesteuerung derselben Einnahmen fuehrt.

Der betroffene Rechtsstreit betraf einen Steuerpflichtigen, dem aufgrund der Beteiligung an einem durch die Gesellschaft vorbereiteten und finanzierten Aktienplan die Aktienoptionen und Restricted Share Units (RSU) eingeraeumt wurden. Infolge der Ausuebung dieser Finanzinstrumente erwarb der Steuerpflichtige die Aktien der Gesellschaft, wobei er daraus die steuerbaren Einnahmen erzielte. Der Streit mit der Finanzbehörde bezog sich darauf, ob der Steuerpflichtige als Werbungskosten aus dem anschließenden Aktienverkauf die vorher besteuerten Einnahmen behandeln darf, die zum Zeitpunkt der Ausuebung des Finanzinstrumentes erzielt wurden. Nach Auffassung der Finanzbehörde duerfen die aus dem Aktienerwerb erzielten besteuerten Einnahmen beim Verkauf dieser Aktien als Kosten nicht behandelt werden, weil die Ausuebung von Derivaten und die Veraeußerung von Wertpapieren unter separate Einnahmenkategorien fallen.

In dem in der Einleitung angesprochenen Urteil teile das NSA den Standpunkt der Finanzbehörde und des Gerichts des ersten Rechtszuges, indem es entschied, dass ein Steuerpflichtiger, der die Aktienoptionen ausuebt und anschließend die dadurch gewonnenen Wertpapiere abverkauft, die vorher besteuerten Einnahmen aus ihrem Erwerb als keine Verkaufskosten behandeln darf. Das NSA ist der Auffassung, dass alleine die Ausuebung der von dem Arbeitgeber im Rahmen eines Motivationsprogramms erhaltenen Aktienoptionen und RSUs die Entstehung der Einnahmen bei dem Mitarbeiter verursacht. Falls der Mitarbeiter die Aktien verkauft, erzielt er die Einnahmen wieder, aber sie können von ihm um keine Kosten gemindert werden, die den Einnahmen aus dem Tausch der Optionen gegen Aktien gleich sind. Gemaeß dem Einkommensteuergesetz (EStG-PL) gelten die Besteuerung des Einkommens aus der Ausuebung von Derivaten und die Besteuerung des Einkommens aus entgeltlichem Aktienverkauf als zwei separate Handlungen, fuer welche die Bemessungsgrundlage auf verschiedene Weise ermittelt wird. In diesem Fall findet Art. 30b EStG-PL Anwendung, in dem die Besteuerung der aus dem entgeltlichen Wertpapierverkauf erzielten Einnahmen geregelt sowie direkt bestimmt wird, welche Vorschriften bei solch einem entgeltlichen Wertpapierverkauf anzuwenden sind. Aus diesem Grund kann ein Steuerpflichtiger die vorher besteuerten Einnahmen aus der Ausuebung von Derivaten als Werbungskosten nicht behandeln.

Der vorgenannte Ansatz fuehrt in Praxis zur Entstellung der Motivationsprogramme durch die Doppelbesteuerung der Einnahmen, die bereits beim Tausch der Optionen gegen Aktien und der RSUs gegen Wertpapiere entstanden sind und als keine Werbungskosten aus dem entgeltlichen Aktienverkauf angesehen wurden. Bisher entschieden die Gerichte, dass beim Erhalt und Tausch der Optionen gegen Aktien keine Einnahmen entstehen. Dies ergibt sich u.a. aus dem Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Gliwice vom 10. Dezember 2015, Az. I SA/Gl 784/15 und des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warszawa vom 28. Januar 2015, Az. III SA/Wa 1049/14.

Obwohl die kommentierte Gerichtsentscheidung auf dem exakten Wortlaut der Vorschriften zu beruhen scheint, wird sie unserer Meinung nach zugleich die Doppelbesteuerung der Einnahmen aus der Ausuebung von Derivaten zur Folge haben. Darueber hinaus kann alleine die Besteuerung der Optionsausuebung durch den Aktienerwerb Kontroversen auslösen, weil obwohl gemaeß Art. 17 Abs. 1 Nr. 10 EStG-PL als Kapitaleinnahmen die Einnahmen aus dem entgeltlichen Verkauf von Derivaten sowie aus der Ausuebung der daraus folgenden Rechte anzusehen sind, sind diese Einnahmen zum Zeitpunkt der Optionsausuebung virtuell und sie bewirken keine messbare Zuwendung fuer den Erwerber. Ein tatsaechliches Einkommen entsteht erst zum Zeitpunkt der Dividendenausschuettung bzw. des entgeltlichen Aktienverkaufs. Bisher nahmen die Gerichte in ihren Entscheidungen das Problem der Doppelbesteuerung von Motivationsprogrammen wahr. Das vorgenannte Urteil weicht aber von der bisher einheitlichen und fuer die Steuerpflichtigen guenstigen Rechtsprechungslinie ab.

Obwohl sich dieses Urteil ausschließlich auf die auf den Aktienoptionen und RSUs beruhenden Motivationsprogramme bezieht, empfehlen wir Ihnen, die Struktur und Grundsaetze der in Ihrem Unternehmen bereits umgesetzten bzw. noch geplanten Motivationsprogramme genau zu analysieren. Unabhaengig von der Auswirkung des vorgenannten Urteils auf die Rechtsprechung und Vorgehensweise der Finanzbehörden haben die Steuerpflichtigen weiterhin die Möglichkeit, sichere und steueroptimale Motivationsprogramme in Anspruch zu nehmen.

 

Sollten Sie Fragen bzw. Zweifel zu diesem Thema haben, können Sie uns gerne jederzeit kontaktieren.

E-Mail: [email protected]

Tel. +48 61 8515 766

Fax +48 61 8515 786