Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstuecken – lang erwartete Praezisierung der Vorschriften

 

Am 1. Januar 2017 tritt ein weiterer Teil der Durchfuehrungsverordnung des Rates (EU) Nr. 1042/2013 zur aenderung der Durchfuehrungsverordnung Nr. 282/2011 in Kraft, der u.a. die Grundsaetze zum Ort der MwSt.-Besteuerung im Hinblick auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstuecken festlegt. Die vorherigen Regelungen, die im Prinzip 1:1 in die Vorschriften von Art. 28e des polnischen Mehrwertsteuergesetzes implementiert wurden, ließen zu viel Interpretationsspielraum und weckten zahlreiche Zweifel. Die Rechtsprechung versuchte, Klarheit zu schaffen (vgl. z.B. Urteil des EU-Gerichtshofs in der Sache C-155/12 vom 27. Juni 2013), jedoch gibt es im Geschaeftsalltag unzaehlige Einzelfaelle, sodass nach wie vor viele Fragezeichen bestanden.

 

Die in knapp 3,5 Monaten in Kraft tretenden neuen EU-Vorschriften, die in jedem Mitgliedstaat direkt gelten werden und nicht gesondert eingefuehrt werden muessen, regeln zwei Fragen:

1. sie fuehren eine autonome Grundstuecksdefinition in der Europaeischen Union ein, um die
MwSt.-Vorschriften in der ganzen EU zu harmonisieren, und

2. sie definieren einen offenen (Beispiel-)Katalog von Dienstleistungen, die als im Zusammenhang mit Grundstuecken stehend gelten bzw. die keinen Zusammenhang mit Grundstuecken aufweisen.

Die beiden oben genannten Aspekte sind aeußerst wichtig, denn – woran zu erinnern ist – sowohl auf Grundlage von Art. 47 der Richtlinie 2006/112/EG als auch des o.g. Art. 28e werden Dienstleistungen, die als im Zusammenhang mit einem Grundstueck stehend gelten, in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das jeweilige Grundstueck belegen ist. Die allgemeine Regel, nach der Dienstleistungen zugunsten kommerzieller Kunden grundsaetzlich in dem Mitgliedstaat besteuert werden, in dem sich der Sitz dieser Kunden befindet, laesst sich hier also nicht anwenden.

Gemaeß Verordnung 1042/2013 gilt ab dem 1. Januar 2017 als Grundstueck:

a) ein bestimmter ueber- oder unterirdischer Teil des Bodens, an dem Eigentum und Besitz begruendet werden kann;

b) jedes mit oder im Boden ueber oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebaeude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann;

c) jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebaeudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebaeude oder das Bauwerk unvollstaendig ist, wie zum Beispiel Tueren, Fenster, Daecher, Treppenhaeuser und Aufzuege;

b) Sachen, Ausstattungsgegenstaende oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebaeude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebaeude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu veraendern.

Als Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem so definierten Grundstueck gelten demnach alle Dienstleistungen:

a) bei denen der direkte Grund fuer die Erbringung das konkrete Grundstueck ist und das Grundstueck einen wesentlichen Bestandteil der Dienstleistung darstellt und dabei unentbehrlich fuer die zu erbringende Dienstleistung ist;

b) falls sie fuer das Grundstueck selbst erbracht werden oder auf das Grundstueck selbst gerichtet sind, und deren Zweck in rechtlichen oder physischen Veraenderungen an dem Grundstueck besteht.

Beispielsweise erfuellen folgende Dienstleistungen diese Kriterien:

  • Erstellung von Bauplaenen fuer Gebaeude oder Gebaeudeteile fuer ein bestimmtes Grundstueck, unabhaengig davon, ob dieses Gebaeude tatsaechlich errichtet wird oder nicht;
  • Bauaufsichtsmaßnahmen oder grundstuecksbezogene Sicherheitsdienste;
  • Errichtung eines Gebaeudes auf einem Gelaende sowie Bauleistungen und Abrissarbeiten an einem Gebaeude oder Gebaeudeteil;
  • Errichtung anderer auf Dauer angelegter Konstruktionen auf einem Gelaende sowie Bauleistungen und Abrissarbeiten an anderen auf Dauer angelegten Konstruktionen wie Gas-, Wasser-, Abwasserleitungen und dergleichen;
  • Bewertung von Grundstuecken (auch zu Versicherungszwecken) zur Ermittlung des Grundstueckswerts als Sicherheit fuer ein Darlehen oder zur Bewertung von Gefahren und Schaeden in Streitfaellen;
  • Vermietung oder Verpachtung von Grundstuecken (mit Ausnahme von auf diese Weise erbrachten Werbungsdienstleistungen), einschließlich der Lagerung von Gegenstaenden, wenn hierfuer ein bestimmter Teil des Grundstuecks der ausschließlichen Nutzung durch den Dienstleistungsempfaenger gewidmet wird;
  • Installation oder Montage von Maschinen oder Ausstattungsgegenstaenden, die damit als Grundstueck gelten;
  • juristische Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstuecksuebertragungen oder der Begruendung bzw. uebertragung von bestimmten Rechten an Grundstuecken (unabhaengig davon, ob diese Rechte einem körperlichen Gegenstand gleichgestellt sind), wie zum Beispiel Taetigkeiten von Notaren oder das Aufsetzen eines Vertrags ueber den An-/Verkauf eines Grundstuecks, selbst wenn die zugrunde liegende Transaktion, die zur rechtlichen Veraenderung an dem Grundstueck fuehrt, letztendlich nicht stattfindet.

Laut den neuen Regelungen gelten Dienstleistungen als nicht im Zusammenhang mit Grundstuecken stehend, bei denen:

  • es um die Erstellung von Bauplaenen fuer Gebaeude oder Gebaeudeteile geht, die keinem bestimmten Grundstueck zugeordnet sind;
  • es um die Lagerung von Gegenstaenden auf einem Grundstueck geht, wenn dem Kunden kein bestimmter Teil des Grundstuecks zur ausschließlichen Nutzung zur Verfuegung steht;
  • es um die Erbringung von Werbedienstleistungen geht, selbst wenn dies die Nutzung des Grundstuecks einschließt;
  • es um die Installation oder Montage, Wartung und Reparatur sowie Kontrolle und ueberwachung von Maschinen oder Ausstattungsgegenstaenden geht, die kein fester Bestandteil des Grundstuecks sind oder sein werden.

Darueber hinaus erfolgte auch eine wichtige Praezisierung der Vermietungs- und Verpachtungsdienstleistungen von ganzen Maschinenanlagen fuer die Beduerfnisse der Baustelle – solche Faelle sorgten naemlich fuer zahlreiche Kontroversen. Gemaeß dem der Verordnung Nr. 282/2011 neu hinzugefuegten Art. 31b gilt Folgendes: Wenn einem Dienstleistungsempfaenger Ausruestung zur Durchfuehrung von Arbeiten an einem Grundstueck zur Verfuegung gestellt wird, so ist diese Leistung nur dann als Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstueck zu werten, wenn der Dienstleistungserbringer fuer die Durchfuehrung der Arbeiten verantwortlich ist. Wenn ein Dienstleistungserbringer neben der Ausruestung auch ausreichendes Bedienpersonal zur Durchfuehrung der Arbeiten zur Verfuegung stellt, so ist von der Vermutung auszugehen, dass er fuer die Durchfuehrung der Arbeiten verantwortlich ist. Die Vermutung, dass der Dienstleistungserbringer fuer die Durchfuehrung der Arbeiten verantwortlich ist, kann durch alle sachdienlichen, auf Fakten oder Gesetz beruhenden Nachweise widerlegt werden.

 

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