Zum 6. Juli 2017 wurde durch das Oberverwaltungsgericht (NSA) ein wichtiges Urteil ueber das Recht auf Abzug der Vorsteuer aus der von einem Ersatz-Subunternehmer ausgestellten Rechnung erlassen (Az. I FSK 2173/15). Die Entscheidung ist rechtskraeftig.

 

Die Rechtssache betraf eine Gesellschaft, welche die Bauleistungen erbrachte und dem Investor Garantien in diesem Bereich erteilte. Als Generalunternehmer beauftragte sie mit der Durchfuehrung der einzelnen Bauarbeiten die Subunternehmer, die von ihr vertraglich zur Behebung der in der Garantiezeit entstandenen Maengel verpflichtet wurden. Zur Sicherung der Maengelbehebung wurde durch die Subunternehmer eine Sicherheitskaution eingezahlt. Wurde die fuer die Maengelbehebung bestimmte Frist von dem Subunternehmer nicht eingehalten, dann hatte die Gesellschaft das Recht, mit der Durchfuehrung der Reparaturen einen Ersatz-Subunternehmer zu beauftragen sowie die fuer die Ersatzvornahme getragenen Kosten von der von dem Subunternehmer eingezahlten Sicherheitskaution abzurechnen. Die Zweifel der Gesellschaft bezogen sich auf die Frage, ob sie das Recht auf Abzug der Vorsteuer aus einer von einem Ersatz-Subunternehmer ausgestellten Rechnung hat.

Der Standpunkt des Fiskus, des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts und Oberverwaltungsgerichts scheint nur auf den ersten Blick unguenstig zu sein

Sowohl das Gericht des ersten, als auch des zweiten Rechtszuges teilte den Standpunkt der Finanzbehörde, die feststellte, dass die Rueckerstattung der Kosten fuer Behebung der Maengel und Defekte eine Forderung mit Merkmalen einer Entschaedigung ist, die in keinem Zusammenhang mit der Erbringung von steuerpflichtigen sonstigen Leistungen durch die Gesellschaft steht und nicht steuerbar ist, deswegen ist die von dem Ersatz-Subunternehmer kalkulierte Vorsteuer nicht abzugsfaehig.

Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht (WSA) Szczecin betonte, dass die Ersatzvornahme die Wiedergutmachung eines aufgrund der Nichterfuellung bzw. Schlechterfuellung einer Pflicht erfolgten Schadens zum Ziel hat, d.h. dass sie einen Entschaedigungscharakter hat und ihr eigentlicher Nutznießer ausschließlich die Gesellschaft ist – eine Vorsteuer, die in der von einem Ersatz-Subunternehmer ausgestellten Rechnung ausgewiesen ist, bezieht sich also nicht auf steuerbare Umsaetze der Gesellschaft (Az. I SA/Sz 781/15). Ansonsten wuerde die Vorsteuer fuer dieselben Bauarbeiten zweimal abgerechnet, d.h. aus der von einem unzuverlaessigen Subunternehmer fuer eine urspruenglich (obwohl fehlerhaft) ausgefuehrte Leistung ausgestellten Rechnung sowie aus der von einem Ersatz-Subunternehmer fuer Maengelbehebung ausgestellten Rechnung –erkannte das WSA. Das NSA erklaerte dagegen in der muendlichen Urteilsbegruendung, dass die fehlende Möglichkeit fuer Abzug der Vorsteuer aus der von einem Ersatz-Subunternehmer ausgestellten Rechnung den Neutralitaetsgrundsatz nicht verletzt (worauf sich die klagende Gesellschaft berief), denn die Kosten fuer diese Steuer werden nicht von dem Generalunternehmer getragen. Der dem Generalunternehmer zustehende Schadensersatz soll vollstaendige Kosten fuer die Ausfuehrung der Leistung, darunter auch USt umfassen, mit welchen in solch einem Fall der unzuverlaessige Subunternehmer belastet wird.

Urteilsbedeutung in der Praxis

Es ist zu bemerken, dass in Bezug auf den analysierten Sachverhalt das Kriterium des Zusammenhangs zwischen dem Einkauf von Bauleistungen und den steuerbaren Umsaetzen durch die Finanzbehörde und Verwaltungsgerichte in einem engen Sinne betrachtet wurde. Solch ein Standpunkt wird auch oft in der Rechtsprechung des Europaeischen Gerichtshofs hervorgehoben. Die uebernahme solch eines Ansatzes hat aber zur Folge, dass sich der Vorsteuerabzug mit der Ersatzvornahme nicht rechtfertigen laesst. Deswegen darf man solche Abrechnungen nicht automatisch behandeln, sondern man soll beachten, dass sich die Art und Weise, auf welche die Abrechnungen mit dem Subunternehmer fuer Bauleistungen durchgefuehrt werden (z.B. durch die Abrechnung der Auslagen fuer die Maengelbehebung von der Sicherheitskaution) auf die Möglichkeit fuer den Vorsteuerabzug durch den Generalunternehmer auswirken kann. Eine gute Nachricht ist auch, dass die Abrechnung einer Sicherheitskaution fuer die Behebung von eventuellen Maengeln gar nicht steuerbar ist, was viel Arbeit in Bezug auf die Abrechnung der Umsatzsteuer ersparen laesst. Darueber hinaus braucht man das schwierige Thema der Abrechnungen aufgrund der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Reverse-Charge) im Falle der Bauleistungen nicht zu analysieren (es wurde im Detail in dem Tax Alert 13/2017 beschrieben).

Aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen, die Bestimmungen der mit den Subunternehmern fuer Bauarbeiten abgeschlossenen Vertraege, welche die Ersatzvornahme betreffen, zu analysieren, um zu pruefen, ob das Recht des Generalunternehmers auf den Vorsteuerabzug gewaehrleistet ist und das Risiko des eventuellen Rechtsstreits mit einer Finanzbehörde zu meiden.

 

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