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Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der täglichen Funktionsweise des gegenwärtigen Mehrwertsteuersystems (Quick Fixes Teil 2) – Konsignationslager

Przemysław POWIERZA
Tax Partner bei RSM Poland

Mit diesem Beitrag setzten wir eine Reihe von Texten über die Sofortmaßnahmen (Quick Fixes) fort. Nach der allgemeinen, im Teil 1 präsentierten Einführung kommt die Zeit, eine der vorgeschlagenen sofortigen Verbesserungen des Mehrwertsteuersystems betreffend die Verbringung der Waren unter Anwendung der Konsignationslagerregelungen (im Weiteren: Konsignationslager) zu besprechen. Die Grundsätze in diesem Bereich werden mit der Richtlinie (EU) 2018/1910 (im Weiteren: Richtlinie) vereinheitlicht. Darüber hinaus treten mit Anfang 2020 die Vorschriften der Verordnung (EU) 2018/1909 des Rates (im Weiteren: Verordnung) hinsichtlich des Informationsaustauschs zur Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der vorgenannten Konsignationslagerregelungen auf dem Gebiet der ganzen Union in Kraft.

Definition des Konsignationslagers

Aus dem mehrwersteuerbezogenen Standpunkt haben wir mit einem Konsignationslager dann zu tun, wenn:

  1. bei Beförderung der Waren in einen anderen Mitgliedstaat der Verkäufer genau weiß, wer der Erwerber ist (seine Identität und der steuerliche Status sind im bekannt),
  2. die beförderten Waren von dem Abnehmer nicht direkt abgenommen werden, denn:
  • zuerst gelangen sie in das Konsignationslager in dem Mitgliedstaat der Warenlieferung,
  • aus dem Lager werden sie zu einem günstigen Zeitpunkt (d.h. wenn sie zum Weiterverkauf, zur Herstellung bzw. Leistungsdurchführung notwendig sind) von dem Erwerber entnommen.
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Anwendung der Konsignationslagerregelungen

Gemäß dem nationalen Recht finden die Konsignationslagerregelungen bereits in Polen Anwendung. Die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen bestimmen, dass die Steuerpflicht bei der igL bei dem Verkäufer und bei dem igE bei dem Erwerber zum Zeitpunkt der Übertragung von dem Lieferer auf den Erwerber der Befähigung entsteht, wie ein Eigentümer über die Ware zu verfügen. Der polnische Gesetzgeber sah diese Möglichkeit, d.h. das Verschieben des Zeitpunkts der Feststellung der Steuerpflicht bei der igL auf den Zeitpunkt der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager, bereits in den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes vor.

Die (bisherigen) polnischen Vorschriften begrenzen jedoch die Möglichkeit für die Anwendung dieser Vereinfachung nur auf die zur Herstellung bzw. Leistungserbringung genutzten Waren (Handel ist dabei ausgeschlossen). Dies bedeutet, dass zurzeit z.B. die Vertreiber keine Waren, welche von dem Erwerber für den Weiterverkauf bestimmt würden, unter der Inanspruchnahme dieser günstigen Abrechnung verbringen dürfen. Mit dem Inkrafttreten der Sofortmaßnahmen wird diese Einschränkung beseitigt. Zugleich wird die Verbringung der Waren unter Nutzung der Konsignationslager in der ganzen Europäischen Union zulässig sein. Bisher war es nur dann möglich, falls in dem Mitgliedstaat des Geschäftspartners die Konsignationslagerregelungen analog waren – deswegen musste man aufgrund der Freiwilligkeit dieser Sonderlösung jeweils überprüfen, ob solche Regelungen auch in anderen Mitgliedstaaten gelten.

Die Nichtanwendung dieser Regelung hat zur Folge, dass der Verkäufer von Waren:

  1. die innergemeinschaftliche Lieferung (igL) in dem Versandstaat der Waren und
  2. den innergemeinschaftlichen Erwerb (igE) in dem Bestimmungsstaat der Waren und anschließend
  • die inländische Lieferung unter Anwendung des entsprechenden Mehrwertsteuersatzes für die jeweilige Ware in dem Bestimmungsstaat erfasst.

In der Praxis verursacht dies die Notwendigkeit, dass sich der Lieferer für die Mehrwertsteuerzwecke in demjenigen Mitgliedstaat registriert, in welchen die Waren gelangen.

Die Novelle der EU-Regelungen in diesem Bereich vereinfacht diese ziemlich komplizierten Abrechnungen. Die Verbringung der Waren in einen anderen Mitgliedstaat unter Anwendung der Konsignationslagerregelung wird nicht mehr als die inländische Lieferung in dem Bestimmungsstaat angesehen. Somit erlauben die neuen Vorschriften denjenigen Subjekten, welche diese Regelung in Anspruch nehmen möchten, die Unterteilung tatsächlich eines Umsatzes in zwei separate nur für Zwecke der steuerlichen Abrechnungen zu unterlassen.

Die Pflicht zur Abrechnung eines igE ruht auf dem Erwerber und der Verkäufer wird von der Notwendigkeit der Registrierung für Mehrwertsteuerzwecke in einem fremden EU-Mitgliedstaat befreit. Darüber hinaus wird durch die Novelle der EU-Vorschriften die Konsignationslagerregelung in jedem Mitgliedstaat auf solche eine Art und Weise vereinheitlicht, dass die Waren, welche in dem Lager aufbewahrt werden, für den Handel bestimmt sein können, was durch die aktuellen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes nicht zugelassen ist. 

Voraussetzungen für Anwendung der Konsignationslagerregelung

Die Verbringung der Waren in das Konsignationslager wird von der Erfüllung der folgenden Voraussetzungen abhängig sein:

  1. die Waren werden von einem Verkäufer oder von einem Dritten in einen anderen Mitgliedstaat zwecks ihrer Anlieferung an den Erwerber versandt oder befördert,
  2. der Steuerpflichtige, der die Waren versendet oder befördert, hat in dem Mitgliedstaat, in den die Waren gelangen sollen, weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung,
  3. der Erwerber hat eine gültige Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer in dem Bestimmungsstaat, und der Steuerpflichtige, der die Waren versendet oder befördert, kann sowohl diese Nummer als auch den Erwerber von Waren identifizieren,
  4. der Steuerpflichtige, der die Gegenstände versendet oder befördert, trägt die Verbringung der Waren in das Sonderregister ein und gibt die Identität des Erwerbers sowie seine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer in dem Bestimmungsstaat an; auch der Lieferer erfasst die Verbringung der Waren in dem entsprechenden Register und er nimmt die Identität des Steuerpflichtigen in die zusammenfassende Meldung VAT-UE auf.

Konsignationslagerregelung – was ergibt sich daraus?

Die Einführung der einheitlichen Vorschriften in der ganzen Europäischen Union hat zur Folge, dass die Verbringung der Waren unter Nutzung der Konsignationslager in jedem Mitgliedstaat nach den gleichen Grundsätzen erfolgen wird.

Das Subjekt, das die Waren im Rahmen dieser Regelung verbringt, wird ein Register führen, welches den Finanzbehörden die Überprüfung der abgewickelten Umsätze ermöglicht. Der Erwerber wird auch ihre Bewegung erfassen. Der Umfang der Informationen, welche das vorgenannte Register enthalten soll, wird in den Vorschriften der Richtlinie bestimmt. Also auch im Bereich der Dokumentation wird es endlich einheitlich sein.

Die Verordnung führt auch die Notwendigkeit ein, in der zusammenfassende Meldung VAT-UE, die durch das Subjekt einzureichen ist, welches die Waren in das Konsignationslager verbringt, die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers anzugeben. Das ist eine zusätzliche Form der Überprüfung.

Darüber hinaus wird mit dem Inkrafttreten der harmonisierten Vorschriften der maximale Zeitraum verkürzt, in welchem sich die verbrachten Waren im Lager befinden können. Werden die Waren innerhalb von 12 Monaten nach ihrer Verbringung an den Erwerber nicht geliefert, dann hat der Verkäufer den igE von eigenen Waren in dem Staat auszuweisen, in welchen sie gelangt sind. Es ist zu betonen, dass dieser Zeitraum aufgrund der zurzeit in Polen geltenden Vorschriften 24 Monate beträgt, er wird also deutlich verkürzt.

Interessant ist, dass die Richtlinie auch die Möglichkeit vorsieht, dass die Rolle des Erwerbers ein anderes Subjekt als dieses ursprünglich genannte übernimmt, ohne dass das Recht auf die Anwendung der Vereinfachung dabei beeinträchtigt wird. Die einzige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung dieses Rechts ist die Eintragung der Änderung des Erwerbers in das vorgenannte Register. 

Epilog

In dem nächsten Beitrag möchte ich Ihnen weitere Sofortmaßnahmen näher bringen, die in der ganzen Europäischen Union schon ab Anfang 2020 gelten werden. Alle diese Maßnahmen sollen das Mehrwertsteuersystem vereinfachen und abdichten, bis die Durchführung einer komplexen Reform möglich sein wird.

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