Anna LEHMANN
Corporate Advisory Partner bei RSM Poland

Karolina HAHN
Corporate Advisory Senior bei RSM Poland

Jeder von uns nutzt das Internet immer laenger – sei es privat oder beruflich. Laut Meinungsforschung 2017 surfen die Polen im Netz durchschnittlich fast 6 Stunden taeglich. Ab 15. Maerz 2018 werden die Unternehmer eine Gelegenheit haben, noch mehr Zeit im Internet zu verbringen, weil ihnen die Möglichkeit geschaffen wird, durch den elektronischen Zugriff auf das Landesgerichtsregister (KRS) einen direkten Kontakt zu den Handelsgerichten aufzunehmen. Das Gesetz vom 26. Januar 2018 zur aenderung des Gesetzes ueber das Landesgerichtsregister und einiger anderer Gesetze (im Weiteren: KRS-aenderungsgesetz), das zurzeit auf die Bekanntmachung in dem Gesetzblatt der Republik Polen wartet, kommt bald in Kraft und wird bereits ab 15. Maerz 2018 gelten.

Zwar erfolgt die durch das Justizministerium angekuendigte Revolution stufenweise, aber lassen sich die aenderungen in Bezug auf ihr Einfuehrungstempo als evolutionaer nicht bezeichnen. Nehmen wir also die fuer die Unternehmer vorgeschlagenen Erleichterungen unter die Lupe.

Zuerst Revolution fuer Jahresabschluesse

Ab 1. Oktober 2018 sind die Jahresabschluesse ausschließlich in elektronischer Form aufzustellen. Jedoch schon ab 15. Maerz 2018 muessen die in der Papierform aufgestellten Jahresabschluesse bei dem KRS unter Nutzung des IuK-Systems eingereicht werden. In der Praxis heißt es eine „Willkommensunbequemlichkeit” fuer den Unternehmer, der dazu verpflichtet sein wird, sich mit einer qualifizierten elektronischen Signatur bzw. mit dem vertrauenswuerdigen ePUAP-Profil bestaetigten Signatur auszustatten, um die bei dem KRS einzureichenden Unterlagen unterzeichnen zu können.

Die Nutzung des gerichtlichen IuK-Systems setzt die Erstellung eines Kontos auf dem Portal S24 voraus, das fuer die Abgabe von Schriftsaetzen in den Eintragungsverfahren bestimmt ist. Das Justizministerium versichert, dass das System e-KRS sowohl durch polnische, als auch durch auslaendische Staatsangehörige genutzt werden kann – man weiß aber nicht, in welcher Sprache.

Mit den geaenderten Vorschriften wird die Pflicht zur separaten Einreichung von Jahresabschluessen einer Gesellschaft bei dem jeweiligen Finanzamt aufgehoben, denn diese Unterlagen werden ueber das IuK-System an das Zentrale Register fuer Steuerdaten uebermittelt.

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Digitalisierung nach dem europaeischen Muster

Durch die Implementierung der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europaeischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 ueber bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, d.h. der BRIS-Richtlinie (BRIS steht fuer Business Registers Interconnection System, d.h. System zur Verknuepfung von Unternehmensregistern) in die polnische Rechtsordnung werden die polnischen Unternehmer von dem Gesetzgeber allmaehlich von einer analogen in eine digitale Welt versetzt. Das bedeutet fuer sie solche nuetzliche Neuigkeiten wie:

  • Fuehrung der elektronischen Registerakte der Gesellschaften und ihre Zurverfuegungstellung im Ganzen an die Öffentlichkeit ausschließlich in einer elektronischen Form. Zwar kommt diese aenderung erst zum 1. Maerz 2020 in Kraft, aber schon heute können sich die Unternehmer darauf freuen, die Einsicht in alle Registerunterlagen ihrer Geschaeftspartner nehmen zu können, ohne den Lesesaal der KRS-Akte besuchen zu muessen.
  • elektronische Zustellung der Schriftstuecke durch die Gerichte sowie laufende Nachverfolgung des Verfahrens ueber das IuK-System;
  • Zurverfuegungstellung der vollstaendigen Gesellschaftsdaten, d.h. die Möglichkeit, eine vollstaendige Abschrift und nicht nur den aktuellen Auszug aus dem Landesgerichtsregister abrufen zu können;
  • Errichtung der Zentralen Ablage fuer Elektronische Ausfertigungen der notariellen Urkunden, die bereits ab 9. April 2018 zur Verfuegung stehen wird. Hier werden elektronische Ausfertigungen und Auszuege aus allen notariellen Urkunden aufbewahrt, die in dem Landesgerichtsregister (KRS) offenzulegen sind. Zwar werden diese Bestaende an die Öffentlichkeit nicht zur Verfuegung gestellt, aber den Zugang dazu werden Notare, Gerichte und sonstige öffentliche Behörden haben, was zur Verringerung der Anzahl von Unterlagen beitragen kann, welche ein Unternehmer bei jeder Eintragungshandlung beantragen und vorlegen muss.

Keine Rose ohne Dornen

Damit die vorgenannten aenderungen zustande kommen können, muessen auch die Unternehmer ihren Beitrag zur Digitalisierung leisten. Deswegen wird von dem Gesetzgeber die herkömmliche Kommunikation der Unternehmer mit dem KRS auf Papier ab 1. Maerz 2020 durch eine völlig digitale Kommunikation ersetzt. Nur die Vereine, Stiftungen und öffentliche Gesundheitseinrichtungen werden die Methode der Kommunikation mit dem Gericht (elektronisch oder auf Papier) waehlen können. Die Unternehmer werden einige technische Unbequemlichkeiten wie Besorgen von elektronischen Signaturen und Bedienung des gerichtlichen IuK-Systems ueber personalisierte Konten auf dem Portal S24 bewaeltigen muessen. In diesem Zusammenhang ist also zu hoffen, dass die geplante Digitalisierung die durch das Justizministerium erwuenschten Folgen haben wird, d.h. dass die Kommunikation zwischen dem Unternehmer und dem Gericht erleichtert und – vor allem – die einzelnen Sachen schneller entschieden werden.

Genauso wichtig, obwohl nicht digital

Neben den aenderungen bezueglich der digitalen Revolution sieht das KRS-aenderungsgesetz auch andere wichtige Neuigkeiten vor, darunter:

  • das Funktionsverbot in Gesellschaften fuer Personen, die wegen der sog. Wirtschaftsstraftaten verurteilt wurden, welches nicht nur fuer Organmitglieder der Gesellschaften und Liquidatoren, sondern auch fuer Prokuristen gilt. Dieses Verbot erstreckt sich auf Prokuristen ab 1. Oktober 2018, was bedeutet, dass das jeweilige Gericht verweigern wird, die verurteilten Personen als Prokuristen einzutragen bzw. dass die bisherigen Prokuristen aufgrund der Verurteilung ihre Berechtigungen automatisch verlieren.
  • die Möglichkeit, dass das Gericht eine effektive Bestellung der Vertreter eines Unternehmers herbeifuehrt, indem es einer Gesellschaft, darunter ihren Gesellschaftern beim Fehlen der Geschaeftsfuehrung eine Geldbuße von maximal 1.000.000 PLN (Summe der einzelnen Geldbußen) auferlegt.
  • Abschaffung des Registers fuer insolvente Schuldner und dessen Ersetzung durch das Zentrale Register fuer Umstrukturierung und Insolvenz zum 1. Februar 2019.

Geschichte mit Happy End?

ueber 17 Jahre der Taetigkeit des Landesgerichtsregisters schlugen sich die Unternehmer mit der Eintragungsbuerokratie herum, falls sie eine neue Gesellschaft errichten, irgendwelche aenderungen daran vornehmen oder sie einfach liquidieren wollten. Das Versprechen auf eine reibungslose, elektronische Bedienung der Unternehmer durch die Gerichte weckt jetzt unser Verlangen nach einer schnellen und einfachen Eintragung des Unternehmens ohne den wertvollen Zeitverlust, d.h. danach, woran wir in unserer digitalen Wirklichkeit bereits angewöhnt sind. Zwar haben die Praktiker im Hinterkopf einige Zweifel, ob das IuK-System tatsaechlich so einfach sein wird, wie durch das Justizministerium versprochen und ob die KRS-Richter werden damit reibungslos umgehen können. Es bleiben auch die Fragen, wie die Bedienung der Unternehmen mit auslaendischer Kapitalbeteiligung verlaufen wird, deren Geschaeftsfuehrer Polnisch nicht können und ob die Notwendigkeit, die elektronischen Signaturen persönlich zu besorgen und sie alle zwei Jahre – natuerlich entgeltlich – zu erneuern, durch die Unternehmer nicht als eine zu große Unbequemlichkeit angesehen wird. Zu diesem Thema erscheinen viele Fragen, die Zweifel werden in der naechsten Zukunft zerstreut. Uns bleibt also die Hoffnung, dass die Buerokratie, auf welche der Unternehmer bisher bei allen Eintragungsverfahren stieß, samt der Aktenmigration von der analogen in die digitale Welt nicht versetzt wird.

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