Radosław OSMÓLSKI
Accounting & Payroll Partner bei RSM Poland
Laut dem Landesgerichtsregister (KRS) haben im Jahr 2016 7122 Gesellschaften mit der ausländischen Kapitalbeteiligung ihre Geschäftstätigkeit in Polen aufgenommen. Es ist das allerbeste Ergebnis und der Anstieg um 6,2% im Vergleich zum Rekordjahr 2015.
Geben wir die in den vorigen Jahren eingetragenen Gesellschaften sowie diese dazu, an denen die ausländischen Anteilseigner Anteile erworben haben (z.B. Vorratsgesellschaften, d.h. vollständig eingetragene Gesellschaften, die zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit bereit sind), dann haben wir mit einer ganz beträchtlichen Gruppe von Unternehmen zu tun. Für sie alle ist es selbstverständlich, dass die Buchhaltungsangelegenheiten so geregelt und geführt werden sollen, damit sie den Realien der Muttergesellschaft bzw. der Hauptanteilseigner möglichst nahe kommen.
INTERNATIONALE BUCHHALTUNG IN POLEN
Eine der Konsequenzen der ausländischen Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft und der Zugehörigkeit dieser Gesellschaft zur Gruppe der Unternehmen aus verschiedenen Ländern ist das durch diese Gruppe aufgezwungene Finanzbuchhaltungssystem. Nicht selten werden die Bücher durch eine Buchhaltungsabteilung mit dem Sitz in London, New York oder Bombay geführt[1].
Da seit August 2014 die mit der kommerziellen Buchführung zusammenhängenden Handlungen kraft des Deregulierungsgesetzes von jeder Person durchgeführt werden können, die im Verurteiltenregister nicht verzeichnet ist und eine Haftpflichtversicherung bezahlt, bereitet dies theoretisch keine Probleme.
Ausländische Anteilseigner begrüßen mit Freude die Information, dass das polnische Rechnungslegungsgesetz die Führung der Bücher außerhalb Polens zulässt. Sie vergessen jedoch, dass es andere Voraussetzungen aufgrund des Rechnungsgesetzes bzw. der Steuergesetze gibt, deren Erfüllung notwendig ist, damit die Bücher vorschriftsgemäß geführt werden.
AUSLÄNDISCHES BUCHHALTUNGSSYSTEM VS: POLNISCHE VORSCHRIFTEN
Aufgrund unserer alltäglichen Beobachtungen sowie Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den internationalen Kapitalgruppen haben wir die häufigsten Probleme identifiziert, auf welche polnische Buchhalter stoßen, welche ihre Arbeit mit dem ausländischen Buchhaltungssystem anfangen bzw. welche versuchen, die Steuererklärungen und Voranmeldungen aufgrund der darin enthaltenen Eintragungen zu erstellen.
1. Probleme bezüglich der Pflicht zur Führung der Bücher in der polnischen Sprache
Während das Buchhaltungsprogramm alleine in einer anderer Sprache verwaltet werden kann, sind die Kontenbezeichnungen, Summen- und Saldenliste, Titel der Berichte und vor allem die Beschreibungen der Geschäftsvorfälle auf den Konten des Hauptbuches und der Hilfsbücher in der polnischen Sprache zu erstellen.
Alltags, wenn sich alle, die mit dem System arbeiten, einer Fremdsprache fließend bedienen, sind die Beschreibungen in englischer Sprache (die häufigste Lösung) nicht problematisch. Im Falle einer Betriebsprüfung bzw. einer Prüfung der Aufsichtsbehörde für öffentliche Finanzen kann dies aber erhebliche Aufwendungen verursachen. Es geht hier nicht nur um strafrechtliche Folgen aufgrund des Rechnungslegungsgesetzes bzw. Steuerstrafgesetzbuches, sondern auch um z.B. eine Notwendigkeit für beglaubigte Übersetzung sämtlicher Bucheintragungen (siehe Art. 72 Nr. 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Landesfinanzverwaltung). Im Falle der Hunderte von Geschäftsvorfällen können die Kosten der beglaubigten Übersetzung beträchtlich sein und man kann dabei auf die Sanftmut der Finanzbehörden nicht immer zählen.
2. Probleme bezüglich der Anwendung von richtigen Währungskursen
Ein weiteres Erfordernis, das unter die Lupe zu nehmen ist, ist das Erfordernis der Führung der Bücher in polnischer Währung. Die Tatsache, dass die Bücher in polnischen Zloty geführt werden sollen, erregt in der Regel keine Zweifel. Dies hängt jedoch mit der Notwendigkeit der Verbuchung der in den fremden Währungen ausgedrückten Geschäfte auf solche Weise zusammen, damit der richtige Wert dieses Geschäftes in den beiden Währungen ermittelt werden kann. Dabei können die Probleme erscheinen, die sich aus der fehlenden Anpassung des Systems an polnische Regelungen ergeben.
Schlüsselhaft ist dabei die Anwendung eines richtigen Währungskurses, insbesondere in dem Fall, wenn verschiedene Währungskurse für die einzelnen Bereiche angewendet werden müssen (Rechnungslegungsgesetz, KSt-Abrechnungen, USt-Abrechnungen). Leider neigen manche Unternehmen dazu, den Durchschnittskurs der Nationalbank Polens (NBP) von dem dem jeweiligen Geschäft vorangehenden Tag zu ignorieren und sie versuchen, nur einen Durchschnittskurs für den jeweiligen Monat oder sogar den internen Währungskurs aufgrund der internen Unternehmensregelungen anzuwenden. Man kann sich leicht vorstellen, dass in solch einem Fall die steuerlichen Abrechnungen fehlerhaft sein können und man sich dem Vorwurf einer unzuverlässigen Buchführung leicht aussetzen kann.
3. Fehlende Fortsetzung in den Ausgangsrechnungen
Manchmal ist das zentrale Finanzbuchhaltungssystem zugleich eine Anwendung zur Ausstellung von Ausgangsrechnungen. Dies erleichtert die Arbeit, insbesondere, wenn die Rechnungen automatisch im System verbucht werden.
Wenn die Ausgangsrechnungen systemseitig für ein paar bzw. für einige zehn Länder ausgestellt werden, kommt es aber manchmal vor, dass die nächste durch das polnische Unternehmen ausgestellte Rechnung eine Nummer hat, die der vorangehenden Rechnung nicht unmittelbar folgt, sondern viel höher ist. Im Falle einer Betriebsprüfung kann solch eine Situation als regelwidrig und das Register alleine als fehlerhaft betrachtet werden. Gemäß Art. 106 des Umsatzsteuergesetzes (UStG-PL) ist einer der Pflichtbestandteile einer Rechnung ihre einmalige und folgende Nummer. Zurzeit, wenn die Informationen im Rahmen von SAF-T übermittelt werden, können die Finanzämter solche Unstimmigkeiten viel schneller entdecken.
4. Fehlerhafte VAT-Register und fehlerhaftes Standard Audit File for Tax Purposes (SAF-T) bzw. sein Fehlen
Nicht immer enthalten die durch ein ausländisches Finanzbuchhaltungssystem generierten VAT-Register die Daten, die aufgrund der polnischen Vorschriften unentbehrlich sind (obwohl die Voraussetzungen in Bezug auf ihren Mindestumfang klar und deutlich zu sein scheinen). Die seit Juli 2016 geltenden Regelungen bezüglich der Generierung und Versendung von SAF-T verschärften nur dieses Problem. Da die Kosten für die Implementierung dieser Funktionalität in das Buchhaltungsprogramm hoch sind, nutzen die Unternehmen eine Lösung, die auf dem Datenexport in externe Systeme (z.B. Excel-Dateien) und anschließend auf der Erstellung von Schnittstellen beruht, welche die Versendung von SAF-T-Dateien an das jeweilige Finanzamt ermöglichen.
5. Anwendung von IAS in den polnischen Büchern
Viele Muttergesellschaften und die ausländischen Beteiligten an den polnischen Gesellschaften, die ihre Bücher gemäß den internationalen Rechnungslegungsstandards führen, neigen dazu, die gleichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung in Bezug auf die polnischen Bücher anzuwenden.
Leider bestimmt das polnische Rechnungslegungsgesetz eindeutig, welche Subjekte zur Aufstellung eines Einzelabschlusses und Führung der Bücher nach IAS berechtigt sind. Dazu gehören ausschließlich:
- Emittenten der zum Handel auf einem der regulierten Märkte des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen Wertpapiere bzw. Emittenten der Wertpapiere, die sich darum bewerben oder dies beabsichtigen;
- Unternehmen, die zu einer Kapitalgruppe gehören, wo das herrschende Unternehmen einen Konzernabschluss nach IAS aufstellt;
- Niederlassungen eines ausländischen Unternehmers, falls dieser Unternehmer einen Jahresabschluss nach IAS aufstellt.
Die Subjekte, welche die in den vorgenannten Vorschriften bestimmten Voraussetzungen nicht erfüllen, dürfen freiwillig in Bezug auf die Rechnungslegung keine anderen Vorschriften als Vorschriften des Rechnungslegungsgesetzes, d.h. auch keine IAS anwenden.
Es ist nicht zu vergessen, dass die Entscheidung über die Aufstellung von Jahresabschlüssen nach IAS durch das Feststellungsorgan getroffen wird und solch ein Jahresabschluss der obligatorischen Abschlussprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer unterliegt – sogar dann, wenn die Grenzwerte in Bezug auf die Beschäftigung, Summe der Einkünfte und Bilanzsumme nicht erreicht wurden.
Beugt man sich den Zwängen des Stammhauses, damit polnische Bücher identische Eintragungen (nach IAS) wie Konzernbücher enthalten, dann kann dies die strafrechtlichen Sanktionen bzw. Probleme mit dem Finanzamt zur Folge haben, falls die aufgrund solcher Bücher erstellten steuerlichen Abrechnungen dem Sachverhalt nicht entsprechen.
ALS WARNUNG
Zum Schluss ist zu erwähnen, dass die Nichtführung der Bücher, ihre Führung entgegen den Vorschriften des Rechnungslegungsgesetzes bzw. die Angabe in den Büchern der unzuverlässigen Daten mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bzw. mit diesen beiden Strafen zusammen geahndet wird.
Um die Sanktionen zu vermeiden, soll man dafür sorgen, dass das EDV-gestützte Buchhaltungssystem nicht nur an die Informationsbedürfnisse der Gruppe angepasst wird, sondern auch den Voraussetzungen aufgrund der Vorschriften des Rechnungslegungsgesetzes und der steuerrechtlichen Vorschriften entspricht. Ist es nicht so, dann ist es möglichst schnell zu optimieren (d.h. zu übersetzen und an polnische Voraussetzungen und Standards anzupassen).
[1] Nebenbei ist darauf aufmerksam zu machen, dass man gemäß dem Standpunkt des Komitees für die Rechnungslegungsstandards vom 13. April 2010 über einige Buchführungsgrundsätze zwischen der bloßen Einführung der Dokumentendaten in das Buchhaltungssystem und der Buchführung unterscheiden soll – die bloße Einführung der Daten in das Buchhaltungssystem ohne Entscheidung über ihre Einstufung und ohne Prüfung der vorgenommenen Eintragungen gilt als keine Buchführung.