Sylwia KOZŁOWSKA
Tax Supervisor bei RSM Poland

Von aenderungen in Bezug auf die Verrechnungspreise sprach man viel und seit langem. Die im großen Stil angesagte Revolution in diesem Bereich kam endlich – seit Anfang 2017 gelten neue Grundsaetze fuer Bestimmung der Unternehmen, die zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation verpflichtet sind, sowie es gibt eine andere Methode fuer Einstufung der Transaktionen, die in solch einer Dokumentation beruecksichtigt werden sollen.

Wie viele Personen, so viele verschiedene Meinungen, auch in Bezug darauf, ob die neuen Vorschriften besser oder schlechter als die bisherigen sind. Zweifelsohne kann man zugeben, dass der Gesetzgeber den Steuerpflichtigen tatsaechlich viel Zeit – d.h. ueber ein Jahr – gab, damit sie sich auf die Erfuellung der neuen Pflichten bezueglich der Dokumentierung der Transaktionen mit den Unternehmen aus der Unternehmensgruppe vorbereiten. Bezueglich des Stils und Tempos der zuletzt erlassenen steuerrechtlichen Vorschriften ist zu bemerken, dass dies gar nicht allgemein ist.

MEHR VOR- ODER NACHTEILE?

Nach Abwaegung von Fuer und Wider sind die neuen Regelungen ueber die Verrechnungspreise trotz allem positiv zu beurteilen. Gemaeß dem Schulnotensystem verdiente die aenderung in diesem Bereich fuer "gut". Zwar wird die Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation fuer einige Steuerpflichtige einen größeren Arbeitsaufwand (und sicherlich auch Kostenaufwand) aufgrund der Erweiterung der Dokumentationspflicht um die Vorbereitung einer Vergleichsanalyse und Stammdokumentation (Master File) bedeuten, aber zugleich wird sich die Gruppe der zur Erstellung der Dokumentation verpflichteten Unternehmen deutlich mindern. Diese Steuerpflichtigen, die ihre Geschaeftstaetigkeit in einem größeren Umfang ausueben (2. Mio. Euro Schwelle fuer bilanzielle Ertraege/Aufwendungen) muessen ueberlegen, ob bei Ihnen die Dokumentationspflicht besteht und wenn ja – was solch eine Verrechnungspreisdokumentation enthalten soll. Kleinere Gesellschaften brauchen sich um die Verrechnungspreise gar nicht mehr zu kuemmern, obwohl sie die Transaktionen mit verbundenen Unternehmen durchfuehren.

Ein weiterer Aspekt, der positiv zu beurteilen ist, ist die Erhöhung der Schwelle (von 5% auf 25%) von besessenen Anteilen an einem anderen Unternehmen, welche als Voraussetzung fuer Bestehen von Kapitalverflechtungen zwischen zwei Unternehmen gilt. Die bisherige 5% Schwelle war ein Kuriosum auf der internationalen Buehne. Die meisten OECD-Laender haben die jeweiligen Gesellschaften fuer verbundene Unternehmen erst dann anerkannt, wenn sie mindestens eine 25% Beteiligung an einem anderen Unternehmen erreicht haben.

Damit es nicht so schön ist, soll man in den neuen Verrechnungspreisvorschriften auf zahlreiche Stellen mit fehlender Praezision hinweisen. Als problematisch kann sich die Definition und Identifizierung anderer in den Handelsbuechern erfassten Geschaeftsvorfaelle oder die Bestimmung von Transaktionen und Geschaeftsvorfaellen erweisen, die das Einkommen eines Steuerpflichtigen in einem erheblichen Maße beeinflussen und der Dokumentationspflicht unterliegen. Leider können diese Bereiche Gegenstand einer profiskalischen Auslegung der Vorschriften durch die Finanzbehörden sein.

GENAU ANGEGEBENE FRIST

Zum Glueck kann man die ueberlegungen beenden, wann die Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen ist – im Laufe des jeweiligen Wirtschaftsjahres, nach seinem Abschluss oder vielleicht erst nach Erhalt der Aufforderung von der jeweiligen Kontrollbehörde? Die neuen Verrechnungspreisvorschriften bestimmen eindeutig, dass die Dokumentation bis zur Abgabe der Steuererklaerung erstellt werden soll, d.h. spaetestens innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres. Dies bedeutet in der Praxis, dass die Steuerpflichtigen neben der Pflicht zur Abgabe der Steuererklaerung zusaetzlich mit der Pflicht zur Abgabe der Erklaerung ueber die Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation innerhalb derselben Frist belastet werden. Die Verletzung dieser Vorschrift ist Grundlage fuer die Verhaengung von Sanktionen gegenueber den fuer die steuerlichen Abrechnungen des Unternehmens zustaendigen Personen – sowohl gegenueber diesen, die eine wahrheitswidrige Erklaerung abgeben, als auch gegenueber diesen, die trotz der auf sie auferlegten Pflicht keine Erklaerung abgeben. Diese Personen können mit den steuerstrafrechtlichen Sanktionen bedroht werden.

WIE KANN MAN MIT DER NEUEN WIRKLICHKEIT ZURECHTKOMMEN?

Das, was ein Steuerpflichtiger schon jetzt machen kann und womit er anfangen soll, ist die Pruefung, ob seine bilanziellen Ertraege/Aufwendungen fuer 2016 2 Mio. EUR ueberschritten haben. Wenn ja, dann muss er sich mit den neuen Regelungen ueber die Verrechnungspreise vertraut machen. Anschließend soll er die neuen Vorschriften im Detail analysieren und beurteilen, wie groß der Umfang seiner Verrechnungspreisdokumentation sein wird – wird es nur die sog. landesspezifische und unternehmensbezogene Dokumentation (Local File) sein oder sie wird auch die Vergleichsanalyse oder sogar die Stammdokumentation (Master File) umfassen? Zurzeit kann man nicht eindeutig feststellen, welche in den Handelsbuechern fuer 2017 erfassten Transaktionen bzw. sonstigen Geschaeftsvorfaelle in der Dokumentation ausfuehrlich dargestellt werden sollen. Trotzdem kann man aufgrund von 2016 und der fuer das laufende Jahr geplanten Geschaefte vorlaeufig schaetzen, welche Geschaeftsvorfaelle mit verbundenen Unternehmen der Dokumentationspflicht unterliegen werden. An dieser Stelle erscheint die Frage, ob ein Steuerpflichtiger mit allen diesen Zweifeln und Pflichten allein fertig werden kann oder ob er sich eher entscheiden soll, die Unterstuetzung eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen. Ungeachtet der Antwort ist eins sicher – man soll mit dem Entscheidungstreffen nicht bis Ende 2017 warten. Der Prozess der Sammlung von notwendigen Informationen und Erstellung der Dokumentation aufgrund der neuen Vorschriften kann eher Monate und nicht wie bisher Wochen dauern.

Sowieso wird es zum Jahreswechsel 2017/2018 heiß sein und die Mitarbeiter der Abteilungen Finanzbuchhaltung werden bestimmt alle Haende voll zu tun haben. Abschluss des Geschaeftsjahres, Pruefung des Jahresabschlusses, Vorbereitung der Kalkulation der Körperschaftsteuer sowie Erstellung der Körperschaftsteuererklaerung und dazu noch die Verrechnungspreisdokumentation...Aber vielleicht wird es nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird?