Kamila DOBOSZ
Tax Consultant bei RSM Poland
Die seit 1. Januar 2021 geltenden Änderungen im Bereich der Verrechnungspreise betreffend der Transaktionen mit Unternehmen aus den sog. Steueroasen stellen Steuerpflichtige vor große Herausforderungen. Mit diesen Vorschriften wurde die Pflicht eingeführt, die Konformität der Transaktionen, in deren Rahmen der wirtschaftliche Eigentümer (eng. beneficial owner) den Wohnsitz, Sitz oder die Geschäftsführung in einer Steueroase hat, mit dem Fremdvergleichsgrundsatz zu prüfen. Eigentlich weiß man nicht, ob der Gesetzgeber damit den wirtschaftlichen Eigentümer unseres Geschäftspartners oder eines Geldstroms, der in Zusammenhang mit der jeweiligen Transaktion entsteht, meinte – in der Regelung ist das nicht genau bestimmt. Die Steuerpflichtigen wurden damit zusätzlich verpflichtet, die wirtschaftliche Begründung für solch eine Transaktion anzugeben.
Dokumentation der Transaktionen mit Unternehmen aus Steueroasen
Die Transaktionen mit den Unternehmen aus Steueroasen, die der Dokumentationspflicht unterliegen, sind auf zweierlei Weise zu analysieren.
Erstens gilt die Dokumentationspflicht für die unmittelbar mit den Unternehmen aus Steueroasen abgewickelten Transaktionen mit dem Jahreswert von mehr als 100 Tsd. PLN. Die Art der Transaktion ist dabei ohne Bedeutung – die Pflicht erstreckt sich auf unterschiedliche Kauf- und Verkaufstransaktionen (betreffend sowohl Waren, als auch Dienstleistungen). Bisher dokumentierte ein Steuerpflichtiger nur diejenige Transaktion, aufgrund deren die Zahlung für einen Staat erfolgte, der einen schädlichen Steuerwettbewerb anwendet (d.h. der polnische Steuerpflichtige war der Erwerber).
VerrechnungspreisdokumentationMEHR ZU UNSEREM ANGEBOT
Zweitens wurde die Pflicht zur Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation für die Transaktionen mit dem Wert von mehr als 500 Tsd. PLN eingeführt, bei denen sich der wirtschaftliche Eigentümer in dem Staat oder auf dem Gebiet befindet, der einen schädlichen Steuerwettbewerb anwendet.
In dem erstgenannten Fall soll der Steuerpflichtige keine Schwierigkeiten haben, einen Geschäftspartner mit dem Sitz in einem Steuerparadies zu identifizieren. Hier können z.B. die abgeschlossenen Verträge nützlich sein. Es kann jedoch wundern, dass die Dokumentationspflicht die Verkaufstransaktionen betrifft, d.h. diejenigen, aufgrund deren die Zahlung an den polnischen Steuerpflichtigen erfolgt. Solche Transaktionen sind nämlich mit dem Risiko des Transfers von Geldmitteln in die Steueroasen nicht belastet.
Überprüfung des wirtschaftlichen Eigentümers
In Bezug auf die zweite Art der Steueroase-Transaktionen schneit die Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers und dabei die Pflicht zur Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation für solche Transaktionen eine ziemlich halsbrecherische Anforderung zu sein.
Gemäß dem seit 2021 geltende Art. 11o Abs. 1a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG-PL) „sind zur Erstellung der landesspezifischen Dokumentation von Verrechnungspreisen Steuerpflichtige und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit verpflichtet, die eine konzerninterne Transaktion oder eine andere Transaktion als die konzerninterne Transaktion durchführen, wenn der wirtschaftliche Eigentümer seinen Wohnsitz, Sitz oder seine Geschäftsführung auf dem Gebiet oder in einem Land hat, das den schädlichen Steuerwettbewerb anwendet, und der Wert dieser Transaktion für ein Steuerjahr, und im Falle von Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit – für ein Geschäftsjahr 500 Tsd. PLN übersteigt.” Aufgrund Art. 11o Abs. 1b KStG-PL wird vermutet, dass der wirtschaftliche Eigentümer den Sitz bzw. die Geschäftsführung auf dem Gebiet einer Steueroase hat, selbst aufgrund der Tatsache, dass dieser Geschäftspartner die Transaktionen mit einem Unternehmen aus einer Steueroase abwickelt. Es reicht also aus, dass der Geschäftspartner irgendeine Transaktion mit dem Unternehmen aus einer Steueroase durchführt (ihr Wert ist irrelevant), und dann ist der Steuerpflichtige verpflichtet, die Verrechnungspreisdokumentation für die Transaktion mit diesem Geschäftspartner zu erstellen (nachdem eine Transaktionsschwelle von 500 Tsd. PLN überschritten wurde).
Einhaltung höchster Sorgfalt
Die Ermittlung des Vorgenannten bedarf von dem Steuerpflichtigen der Einhaltung höchster Sorgfalt. Aus den „Steuerlichen Erläuterungen zu Verrechnungspreisen – Vermutung und höchste Sorgfalt im Sinne des Art. 11o Abs. 1b KStG-PL und Art. 23za Abs. 1b EStG-PL“ geht hervor, dass von dem anderen Transaktionspartner eine Erklärung des Wissens einzuholen ist, mit der bestätigt wird, dass dieser Geschäftspartner keine Abrechnungen mit einem Unternehmen aus der Steueroase vornimmt. Die Erklärung ist ex post, d.h. nach Ende des jeweiligen Geschäftsjahres des Steuerpflichtigen einzuholen. Was passiert jedoch in der Situation, wenn der Geschäftspartner dem Steuerpflichtigen eine solche Erklärung nicht vorlegt? Kann sie der Steuerpflichtige von dem Geschäftspartner verlangen, der zu ihrer Vorlage eigentlich mit keinen Vorschriften verpflichtet ist? Gibt es überhaupt öffentlich zugängliche Daten, die bei der Überprüfung solcher Informationen behilflich sein können? Leider sind diese Fragen zu verneinen. An dieser Stelle soll man eine deutliche administrative Belastung der Steuerpflichtigen erwähnen. Die Einholung der Erklärung von dem Geschäftspartner und nachher auch die Erstellung der eventuellen Dokumentation wird besonders schwierig für kleine und mittlere Unternehmen sein, wo ein begrenztes Personal und ihm auferlegte zusätzliche Pflichten von Bedeutung sind. Im Falle der Großunternehmen, die die Transaktionen mit vielen Geschäftspartnern durchführen, werden diese Aktivitäten einfach zeitaufwendiger und arbeitsintensiver.
Wirtschaftliche Begründung der Transaktion
Darüber hinaus soll die Verrechnungspreisdokumentation im Falle der (direkt und indirekt durchgeführten) Transaktionen mit den Unternehmen aus Steueroasen eine wirtschaftliche Begründung solch einer Transaktion, insbesondere die Beschreibung der wirtschaftlichen, darunter steuerlichen Nutzen enthalten. Der Steuerpflichtige wird verpflichtet sein, den sog. Benefit-Test (eng. benefit test) durchzuführen, d.h. die zu erwartenden wirtschaftlichen, darunter steuerlichen Nutzen zu beschreiben, die sich aus den mit den Unternehmen aus Steueroasen abgewickelten Transaktionen ergeben. Die Darstellung von Argumenten für die wirtschaftliche Begründung der Transaktion hat nachzuweisen, dass der Geschäftspartner aus einem Steuerparadies-Land die wirtschaftliche Tätigkeit tatsächlich ausübt. Während das im Falle der Kauftransaktionen verständlich ist, wo das Risiko des Einkommenstransfers in die Staaten, die einen schädlichen Wettbewerb anwenden, besteht, gibt es dieses Risiko im Falle der Verkaufstransaktionen überhaupt nicht.
Zusammenfassung
Die Dokumentationspflicht für Transaktionen mit den Unternehmen aus Steueroasen, die aus den seit 2021 geltenden Vorschriften resultiert, ruft viele Kontroversen hervor. Dieses Thema wurde im April in dem Verrechnungspreisforum ausführlich diskutiert, wo man u.a. auf einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand in Bezug auf die Überprüfung der Transaktionen mit dem wirtschaftlichen Eigentümer im Verhältnis zu den Ergebnissen hinwies. Hoffentlich führen die Empfehlungen einer der Arbeitsgruppen, die sich gerade mit den Transaktionen mit den Unternehmen aus Steueroasen befasst, zu den positiven Änderungen der 2021 eingeführten Pflichten.
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