Ein Steuerpflichtiger, der beim Verkauf der mit dem Kassenbon dokumentierten sonstigen Leistungen an Verbraucher überhöhte Umsatzsteuersätze anwendete, darf diese Steuer berichtigen – ergibt sich aus dem Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts (WSA) Łódź vom 12. Juli 2017 mit dem Aktenzeichen I SA/Łd 444/17.
Die Rechtssache betraf eine Gesellschaft, die ein Gewerbe, d.h. einen komplexen Vergnügungspark betrieb, welcher Kinderspielplätze, einen Seilgarten und viele andere Attraktionen zur Unterhaltung der Kinder umfasste. Als die größte Attraktion dieses Parks gelten die Rekonstruktionen von Dinosauriern und sonstigen ausgestorbenen Tieren. Für die Nutzung des Vergnügungsparks erhob man eine Gebühr für jede Eintrittskarte. Zuerst enthielt diese Gebühr eine 23% USt. Aufgrund einer für die Gesellschaft günstigen individuellen Interpretation, aus der hervorging, dass sie einen herabgesetzten 8% USt-Satz anwenden kann, entschied sie sich, die in den vorigen Jahren überzahlte geschuldete Steuer zu berichtigen und zurückzugewinnen.
Die Grundlage für den Rechtsstreit mit der Finanzbehörde war die Möglichkeit für Berichtigung der geschuldeten Steuer aufgrund der an die Verbraucher ausgehändigten Kassenbons. Nach Auffassung der Oberfinanzdirektion Łódź soll die Gesellschaft in dieser Situation die Kunden des Vergnügungsparks identifizieren und ihnen die Umsatzsteuerdifferenz für erworbene sonstige Leistungen erstatten. Natürlich war das praktisch unmöglich.
Der Leiter der Oberfinanzdirektion Łódź brachte das vorgenannte Argument sowie das Argument vor, dass gerade die Verbraucher die Last der Umsatzsteuer trugen, also ist diese Steuer für die Gesellschaft neutral. Laut Fiskus würde solch eine Erstattung der Steuer an die Gesellschaft zu ihrer ungerechtfertigten Bereicherung führen.
Das WSA Łódź teilte jedoch den Standpunkt des Fiskus nicht. Nach Auffassung dieses Gerichts fehlen in den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes sowie in den dazu erlassenen Verordnungen die Grundsätze, welche die Methode für Dokumentierung der Berichtigung des Verkaufs mittels einer Registrierkasse im Falle der Anwendung eines überhöhten USt-Satzes sowie das Datum dieser Berichtigung regeln würden.
Laut WSA werden mit den in der Verordnung des Finanzministers über Registrierkassen genannten Fällen der Warenrückgabe, anerkannten Reklamationen und der offensichtlichen Fehler nicht alle Vorfälle erschöpft, die einen Grund für Berichtigung bilden können. Das Gericht behauptete, dies bedeutet aber nicht, dass in anderen Situationen die Berichtigung gar nicht erfolgen soll. Die Möglichkeit, und sogar die Notwendigkeit für ihre Durchführung ergibt sich nämlich direkt aus den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes, welche die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Besteuerung bestimmen. Da die Konstruktion der Registrierkasse keine technischen Möglichkeiten für die Durchführung einer Berichtigung der in ihrem Speichervermögen gespeicherten Informationen gibt, erfordert solch eine Berichtigung eine andere Methode der Dokumentierung. Die Führung eines separaten Registers und die Verfügung über die Belege, die den Grund und Betrag der Berichtigung bestätigen, kann also dabei ausreichend sein. Der fehlende originale, an den Erwerber ausgehändigte Kassenbon ist dagegen kein Hindernis für Durchführung der Berichtigung.
Nach Auffassung des Gerichts können also die Führung eines separaten Registers und die Verfügung über die Belege, die den Grund und Betrag der Berichtigung bestätigen, ausreichend sein, um die geschuldete Steuer zu berichtigen.
Obwohl das Urteil des WSA für Steuerpflichtige günstig ist, hat seine Begründung eine abgeschwächte Argumentationskraft, denn die Argumentation alleine stützt sich nicht unmittelbar auf Steuervorschriften. Darüber hinaus setzt sich die Entscheidung des WSA mit den Argumenten des Fiskus nicht direkt auseinander und manchmal führt sie zu den erweiternden Schlussfolgerungen bezüglich der Auslegung von Steuervorschriften.
Wahrscheinlich ergibt sich der Fiskus in dieser Sache nicht und er fechtet dieses Urteil bei dem Oberverwaltungsgericht (NSA) an. Steuerpflichtige müssen also für eine endgültige Entscheidung noch warten. Inzwischen ist jedoch nicht sicher, ob die für Steuerpflichtige günstige Entscheidung des WSA Łódź überzeugend für andere Woiwodschaftsverwaltungsgerichte sein wird, welche die Entscheidungen in ähnlichen Rechtssachen erlassen werden, bevor das Urteil des Oberverwaltungsgerichts dazu ergeht.
Es bleibt aber die Hoffnung, dass das vorgenannte Urteil einen neuen Anfang für eine für Steuerpflichtige günstige Rechtsprechungslinie der Verwaltungsgerichte geben wird.
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